Ich brauche nur Papier!
und vielleicht einen Stift …
Als Kind hatte ich nicht immer so einen leichten Zugang zu Papier. Bei meiner Oma auf dem Land war ich beschränkt auf kleine Notizblöcke vom örtlichen Getränkelieferanten. Ich habe meine Oma nie schreiben sehen, geschweige denn zeichnen. Das war in ihrer Welt überflüssig. Ich sollte Erbsen pulen und Kartoffelkäfer sammeln. Ein schwieriges Verhältnis!
Vielleicht bin ich aufgrund dieser Erfahrungen immer noch sehr sparsam im Umgang mit Papier. Es tut mir weh, wenn ich manchmal sehe, wie viel noch brauchbares Papier im Abfalleimer landet. Gleichzeitig kaufe ich gerne Zeichenblöcke und besonderes Papier, auch wenn ich es (noch) gar nicht brauche … schizophren ist der Mensch!
Aber ich fühle mich mit meiner Leidenschaft in guter Gesellschaft: In einer Dokumentation über Karl Lagerfeld (er nannte sich selbst einen „Papierfreak“) wurde sein riesiges Papierlager gezeigt – ich war so neidisch!
Seine Klamotten – geschenkt. Aber dieses Depot hätte ich echt gerne gesehen.
Papier ist nicht Papier
Aber kommen wir zu den für uns wichtigen Basics zu Papier: Welches Papier ist für Kunst-Kids interessant? Welches relevant?
Es gibt so viele Papiersorten – Seidenpapier, Goldpapier, Krepppapier, Tapetenrollen, Packpapier, Makulatur, Transparentpapier, Geschenkpapier, Wellpappe, Zeitungspapier, Postkarten, Buntpapier, Tonpapier, …
Am wichtigsten ist natürlich das simple langweilige Standard A4-Kopierpapier. Man kann es auch in Blöcken kaufen – aber ich finde die Handhabung des losen Papiers einfacher. Man muss nicht umständlich Blätter abreißen und meistens sind die Packen günstiger.
Interessant als Alternative zu dem hochweißen Druckerpapier ist übrigens Recyclingpapier, das leicht ins Gräuliche geht und oft eine etwas rauere Oberfläche hat. Dadurch eignet es sich vor allem für das Zeichnen mit Bleistiften, Buntstiften und Wachsmalkreiden hervorragend. Für Filzstifte ist glatteres (gestrichenes) Papier besser, das nicht so stark saugt. Dann hält der Stift länger durch.
Schweres Papier, leichtes Papier?
Eine wichtige Kennzahl bei Papier ist die „Grammatur“, das Papiergewicht:
Normales Kopierpapier hat 80 g/qm, es gibt aber auch etwas festeres mit 90 oder 100 Gramm pro Quadratmeter, das ist dann stabiler und widersteht Radierorgien besser. Eine schwerere Qualität kann man gut für die Arbeit mit dem Farbkasten nutzen, denn nicht immer hat man Platz für die A3-Blöcke. Oft macht es außerdem (auch pädagogisch) mehr Sinn, mehrere kleine Blätter zu nutzen als ewig auf einem Format herum zu pinseln, für das der erforderliche Überblick ohnehin noch fehlt. Experimentieren ist vor allem am Beginn wichtiger als Perfektion!
Die A3-Schulzeichenblöcke haben normalerweise schon 100 g/qm, für das Arbeiten mit Wasserfarben kann man aber durchaus 120 g nehmen. Auch hier ist es sinnvoll, besser A3-Papier lose im Paket zu kaufen. Das spart Geld und das immer etwas fummelige Abreißen, bei dem das ganze Blatt gerne mal entzweigeht, entfällt.
Bitte nicht wegwerfen!
Wenn Ihr Zeichenblöcke benutzt, dann bitte bitte bitte hebt die tolle Rückpappe auf! Ich leide immer körperlich mit, wenn ich sehe, wie man sie achtlos zusammen quetscht und in den Papiermüll stopft. Zum Glück weiß ich, dass die Papiergötter alles irgendwann in anderer Form wieder auferstehen lassen. Aber, Leute – diese Pappen sind superstabil und eignen sich für so viele Dinge: Als Hintergründe für Collagen, als Schneide- oder Bastelunterlage. Teilt sie mit einem Cutter in kleine Kärtchen und Ihr habt Stoff für alle möglichen Kreativideen – Memory-Spiele, Emoji-Kärtchen, Kartenhäuser. You name it!
Tonpapier – unser Dauerbrenner beim Basteln
Tonpapier kommt meist in Grammaturen von 130 g aufwärts, wobei man beachten muss, dass sehr schwere Qualitäten zwar stabiler sind, für kleinere Kinder aber nicht so leicht zu schneiden und zu falten. Hier müsst Ihr also einen Mittelweg finden und einfach mal Verschiedenes ausprobieren. Tonpapier gibt es in den verschiedensten Formaten. Für ein unkompliziertes Arbeiten empfehle ich, sich Pakete im A4-Format anzuschaffen. Es gibt sie in vorbereiteten Farbzusammenstellungen oder in Einzelfarben. In Schulen werden meist die Bogenformate von 50 x 70 cm angeschafft, und oft nimmt man es für Klassenplakate oder Collagen. Das ist zwar auf den Quadratmeter gerechnet günstiger, aber das Zerschneiden in kleinere Einheiten kostet Zeit, die man woanders besser einsetzen kann.
Hat man gerade kein Tonpapier, ist es übrigens eine wunderschöne Aufgabe, ein buntes Papier selbst zu machen. Dazu einfach etwas festeres weißes Papier am besten mit Wachsmalkreide in wirren Linien oder mit Farbflächen bemalen – schon hat man das wunderbarste Papier der Welt.
Auf ins Reich der Pappe
Dicke Pappen (Wellpappen, Rückwände von Zeichenblöcken) sind für Kinder schwer zu handhaben, sie lassen sich nicht gut schneiden und führen dann zu Frust (und zu verbogenen Scheren). Eine Alternative sind die leichteren Graupappen. Die kann man ganz einfach selber sammeln, wenn man sich angewöhnt, seine Lebensmittelverpackungen auseinander zu schneiden. So gebt Ihr Kartons von Cornflakes, Keksen, Müslis & Co ein neues Leben. Denn solche Pappen sind super geeignet für dreidimensionale Arbeiten, wie zum Beispiel den „Kantenhocker“.
Auch schön als Bastelaufgabe, aber hier ist etwas Vorarbeit von Erwachsenen erforderlich: Wellpappen in kleine Stücke schneiden und sie dann aufeinander zu lustigen Türmchen oder Figuren kleben.
Mein Pro-TIPP: Goldpapier Ersatz
Goldpapier ist zum Basteln sehr beliebt, aber leider etwas teuer – mein Tipp ist deshalb: Sammelt die Innenteile Eurer Kaffeepackungen – kurz ausspülen, aufschneiden, und schon hat man ein fast Din A4-großes Stück Goldpapier. Es lässt sich super schneiden und kleben und ist nicht so scharfkantig wie das Goldpapier aus Alu. Da bleiben alle Fingerchen heil!
Papierlose Schule?
Trotz Digitalisierung ist dieser Tag wohl noch in weiter Ferne. Und ja, für Papier sterben Bäume. Das Verhältnis ist circa 1:2, also für 1 Kilogramm Papier verbrauchen wir etwas mehr als 2 Kilogramm Baum (hängt von der Sorte ab). Vielleicht ist es für alle Schulmenschen eine Idee, einmal ein solches Holzstück mit in den Unterricht zu bringen und das Kilo Papier daneben zu legen? Allerdings müsst Ihr noch 25 Wassereimer à 10 Liter danebenstellen, also etwa eine Badewanne. Denn diese Menge braucht man für das Papierkilo. Für Recycling-Papier reichen übrigens zwei Eimer. (Mehr zum Wasserverbrauch für Alltagsgegenstände findet Ihr >>hier bei Utopia.de.)
Zumindest sterben heutzutage nicht mehr Schafe und Kälber für Pergament wie in den vielen Jahrhunderten vor der Erfindung des Papiers. Da brauchte man für ein Buch gleich eine ganze Herde Schafe …
Deshalb – macht Euch eine Papiersammelkiste, die all die tollen Schnipsel frisst!
Hier ein paar Links zum Thema:
- Wissenswertes zu Papier bei Wikipedia
- Website zu dem Zeichner Saul Steinberg
- Tonpapier A4 in Einzelfarben bei der Firma Betzold
- A3-Papier 120g von Clairefontaine
Papier ist gefährlich? – zum Schluss noch ein Fun Fact
Bestimmt hast Du dich schon einmal an einem Papierbogen geschnitten, oder? Ganz schön scharf! Warum man sich an welchem Papier schneidet, hat man sogar wissenschaftlich untersucht. Wenn Du mehr wissen willst, schau Dir den Artikel von >> Lars Fischer im „Spektrum der Wissenschaft“ an. Er hat übrigens auch einen tollen >> YouTube-Kanal!
#Papier #Bastelmaterial #Basteln #Schule