Rezensionen, die ratlos machen ... Hallo Kunst! - ganz daneben?
Wer braucht schon Rezensionen!
Rezensionen sind für alle Autoren wichtig, vor allem aber, wenn sie kein Marketing Backup von einem Verlag haben, sondern als wackere Self-Publisher unterwegs sind. Über positives Feedback freut man sich natürlich besonders, aber auch negative Kritik gehört dazu. Wobei ich es gut fände, wenn die Leser mir diese direkt per E-Mail schreiben würden. Dann könnte ich nämlich darauf reagieren, und es könnte zu einem sinnvollen inhaltlichen Austausch kommen, der alle weiterbringt. Die erste Rezension auf mein Buch „Hallo Kunst – Kunstunterricht Grundschule Klasse 1!“ auf Amazon war leider eine 2-Sterne-Rezension. Weil mich das sehr beschäftigt hat, will ich hier ein bisschen darüber schreiben.
Zuerst war ich natürlich frustriert und traurig, dass gerade das erste Urteil so ein Vernichtendes ist. Nach längerem Nachdenken bin ich vor allem ratlos. Habe ich wirklich so daneben gehauen? Hat die Beschreibung bei Amazon den Charakter des Buches nicht deutlich genug gemacht, so dass die Dame zu diesem schrecklichen Fehlkauf verleitet wurde? Also alles nochmal durchlesen und anpassen. Ich will keine verärgerten Leser, ich will zufriedene Leser, ich will ja den Menschen etwas bringen, sie unterstützen in ihrer Arbeit.
Was habe ich falsch gemacht?
Ist das Buch wirklich so schrecklich? Immerhin stecken mehrere hundert Stunden Arbeit drin, nicht gerechnet die Stunden, die ich mit der konkreten Arbeit in der Schule verbracht habe. Aber ok, man kann ja viel arbeiten und am Ende kommt trotzdem nix Tolles bei raus, das stimmt. Ich will auch nicht behaupten, dass mein Buch das Beste seiner Art ist, man kann immer alles besser machen.
Die Rezensentin beschwert sich zunächst mit: „Fast alles, das im Buch ist, findet man auch im Internet“.
Das ist korrekt! Ja klar, ich verlinke sogar bewusst auf meine ganzen Bastelvideos, die auf YouTube öffentlich zu finden sind, sie sind eine wichtige Ergänzung zum Buch. Ich verweise außerdem immer gerne auf tolle Angebote von anderen Kunstaktiven. Denn in der Schulpraxis habe ich gemerkt, dass viele der Lehrkräfte davon wenig wissen oder noch gar nicht auf die Idee gekommen sind, einmal danach zu schauen. Wenn die Rezensentin diese Angebote schon kennt, ist das doch prima und sehr erfreulich. Dann kann ich ihr wirklich nicht viel Neues erzählen. Im Übrigen zwinge ich niemanden das Buch zu kaufen.
Warum habe ich dann dieses Buch geschrieben?
Ich glaube nicht, dass es ein Geheimwissen gibt, was man mit Kindern alles basteln kann. Dass es noch viel tollere und anspruchsvollere Bastelideen gibt, sehe ich jeden Tag im Internet. Nur warum dringt es dann nicht in die Schulen durch?
Ich habe das Buch nicht geschrieben, weil ich super originelle Bastelideen für Profis vorstellen wollte, die die Basics schon alle kennen. Ich habe das Buch geschrieben, weil ich genau denen helfen will, die sich vielleicht noch niemals getraut haben, mit den Kindern was zu machen, sei es aus Respekt vor der Kunst-Zunft, aus Angst vor Blamage, aus Unkenntnis von Materialien und Techniken. Oder die einfach keine andere Idee haben, als Mandalas auszumalen oder irgendwelche fertigen Vorlagen zu verwenden. Es ist ein absolutes Anfänger-Buch.
Wo ist die Didaktik?
„Didaktische Hinweise gibt es überhaupt nicht, methodische nicht wirklich.“
In diesem Punkt hat die Rezensentin recht – es gibt nur wenig didaktische Hinweise. Wer eine Didaktik-Bibel sucht, ist an der falschen Adresse. Das tut mir dann leid, aber ich behaupte das auch nicht in meiner Buchbeschreibung.
Meine Textanteile sind ganz bewusst sehr minimal gehalten, auch das eine Erfahrung aus der Schulpraxis. Ich habe gemerkt, dass die wenigsten Lehrer*innen Zeit und Nerven haben, lange theoretische Ausführungen zu lesen. Außerdem maße ich mir nicht an, ausgebildeten Fachmenschen pädagogische Tipps zugeben, da ich davon ausgehe, dass sie da ohnehin mehr drauf haben als ich. Ich jedenfalls habe durch die Arbeit in der Schule in dieser Hinsicht Einiges dazu gelernt.
Falsche Adressaten gewählt?
„Was mich stört ist, dass dieses Buch sich an Fachfremde und Quereinsteiger richtet.“
Hm. Das kann man durchaus so sehen. Ich selbst kaufe zwar nie ein Buch alleine wegen eines peppigen Titels, weil ich weiß, dass es dabei viel um Marketing geht. Aber es kann natürlich passieren, dass jemand von dem Titel auf etwas ganz Anderes schließt, als dann in dem Buch steht.
So richtig verstehe ich diese Kritik trotzdem nicht. Das Buch richtet sich vorwiegend an Lehrkräfte an Grundschulen, die zwar nicht das Fach „Kunst“ studiert haben, aber nun aus Personalmangel oder vielleicht persönlichen Interessen den Kunstunterricht übernehmen sollen / wollen. Die haben aber schon ein Lehramtsstudium inklusive Pädagogik absolviert. Was könnte ich als Künstlerin dort fachlich raten? Ich bin keine ausgebildete Pädagogin, ich habe kein Didaktik-Studium absolviert, sondern mir dazu Kenntnisse über Fortbildungen, Bücher und Videos angeeignet.
Oder ist es vielleicht der Begriff „Quereinsteiger“, der sich ja meist auf Menschen bezieht, die aus ganz anderen Berufsfeldern kommen? Aber auch die müssen immer noch eine pädagogische Zusatzausbildung machen, haben also dann wahrscheinlich auch mehr Ahnung von Grundschulpädagogik als ich.
Und wie kann ich die Menschen benennen, damit sie sich auch angesprochen fühlen? Neulinge? Ahnungslose? Ängstliche? Oder dieses unsägliche „Dummies“?
Vielleicht ist das wirklich ein Faux-Pas, das kann ich nicht beurteilen. Wie gesagt, ich finde es schade, dass ich hier nicht direkt mit der Rezensentin kommunizieren kann, dann würde ich ihre Argumente besser verstehen und könnte Fehler in Zukunft vermeiden.
Was will ich denn mit diesem Buch?
Ich will eine einfache lesbare Hilfestellung geben, Menschen ermutigen, mit den Kindern kreativ zu arbeiten, auch wenn sie keine Ahnung von Kunst haben. Weil ich es unendlich wichtig finde, dass mit den Kindern gebastelt wird, dass sie Freude an der Arbeit mit den Händen empfinden, dass sie erleben, wie sie selbst etwas gestalten können und dass sie gleichzeitig in ihren manuellen Fähigkeiten trainiert werden.
Das Beste zum Schluss …
„Aber schlaue Tipps gibts vorab: Kinder die nur herumrennen und kreischen, werden später Feuerwehrmann. Dann ist ja alles klar.“
Da bezieht sich die Rezensentin wohl auf folgenden Text im Buch:
„Auch Eigenschaften, die uns im Unterricht manchmal nerven (sprechen ohne sich zu melden, proaktiv rumwurschteln und durch den Raum rennen) können später in vielen Berufen sinnvoll sein. Ein Feuerwehrmann muss bei Gefahr schnell handeln, eine Philosophin ständig Fragen stellen. Zentrale Erfindungen der Menschheit wurden von crazy und problematischen Charakteren gemacht (zum Glück nicht immer).“
OK, ich dachte mir schon, dass da manche pikiert drauf reagieren würden. Ich weiß, wie anstrengend das Arbeiten in einer unruhigen Klasse sein kann, ich war acht Jahre an einer sogenannten Brennpunktschule. Es gibt Kinder, die wirklich nerven. Aber auch darin kann ein wichtiges Potential liegen, selbst wenn es nicht danach aussieht und schwer auszuhalten ist. Und es gibt immer Gründe für das Verhalten, die man als Erwachsener nicht direkt durchschaut.
Im Übrigen bin ich dafür, dass vor allem an den „Brennpunkt“-Grundschulen die Klassenstärken auf 12 Kinder pro Klasse reduziert wird. Damit Lehrer einen guten Unterricht für alle Kinder machen können.
Was habe ich aus dieser Rezension gelernt?
Wir urteilen ja alle ständig, beschweren uns, hauen gleich drauf los. Ich auch. Weil wir andere Erwartungen hatten, enttäuscht sind, uns ärgern. Wir vergessen oft, dass auf der anderen Seite ein Mensch steht. Ich zumindest habe mir vorgenommen, in Zukunft erst einmal innezuhalten, meine ursprünglichen Erwartungen an die Sache zu prüfen, vielleicht auch meine aktuelle Stimmungslage zu checken.
Also erstmal schauen, ob das Problem vielleicht bei mir liegt. Und dann meine Kritik für das Gegenüber möglichst hilfreich zu formulieren. Oder festzustellen, dass das Problem eigentlich aus meiner eigenen Erwartungshaltung kommt und es gar nix zu kommentieren gibt. Das passiert mir übrigens immer öfter.
Das Buch ist sicher nicht perfekt, aber ich bin damit sehr zufrieden. Ich hoffe, es wird Leser finden, denen es im Schulalltag weiterhilft und die dann auch positive Worte dafür finden.
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