Leinwand grundieren – wie geht das?
Fertig grundierte Leinwände oder selbst grundieren?
Es gibt heute natürlich überall fix und fertig grundierte Leinwände zu kaufen. Dagegen ist gar nichts einzuwenden, ich verwende sie auch gelegentlich, vor allem für Studien und Entwürfe. Aber die Qualität des Leinwandstoffes und auch die der Keilrahmen ist nicht immer optimal. Vor allem für größere Arbeiten sind schwerere Stoffe besser geeignet.
Ich grundiere meine Leinwände deshalb gerne auf die klassische Art selbst mit einer Kreidegrundierung aus Hasenleim, Kreide und Pigmenten. Ganz ehrlich – ich mag den handwerklichen Prozess einfach und fühle mich dem Bild, das entsteht, auf diese Weise noch mehr verbunden.
Eine klassische Leinwandgrundierung zu machen, ist nicht so schwierig, wenn man ein paar Dinge beachtet. Für alle, die es interessiert, habe ich dazu zwei YouTube-Videos gemacht. Ablauf und Rezepte beschreibe ich Dir hier.
Die Vorleimung (Video 1)
Für dieses Video habe ich zwei Keilrahmen mit Baumwollgewebe bespannt. Wenn man mit einer Hasenleimgrundierung arbeitet, muss man das Gewebe nicht fest aufspannen, da es sich beim Trocknen selber spannt. Du brauchst also keine Spannzange, tackern reicht. 😉
Für die Vorleimung brauchst Du:
- Hasenleim als Grieß oder Perlen – den gibt es im Künstlerbedarf (Boesner, Gerstäcker & Co.) oder bei meinem Lieblingsfachhändler >> Kremer Pigmente.
- Alaun (ebenfalls bei Kremer erhältlich), ist aber nicht unbedingt erforderlich.
- Wasser
- Ein Wasserbad (Du kannst es mit zwei Töpfen improvisieren oder Du kaufst Dir einen speziellen Wasserbadtopf, einen sogenannten Simmertopf, wie >> diesen hier. Manchmal findet man so etwas auch auf dem Trödel oder bei Ebay, muss ja nicht funkelnagelneu sein, denn im Anschluss ist er für Lebensmittelzwecke ungeeignet.
- Eine Brief- oder Küchenwaage, die grammgenau arbeitet.
- Saubere alte Marmeladen- oder Einmachgläser zum Abmessen und Einweichen des Leims und des Alauns
- alte Rührlöffel, Lappen etc.
- Eine große Spachtel, ca. 15-25 cm breit (abhängig von der Leinwandgröße), am besten aus Kunststoff
- Latexhandschuhe o. Ä. (man kann auch ohne arbeiten, denn die Materialien sind weder giftig noch reizend, aber nicht jeder mag das klebrige Gefühl)
So machst Du die Vorleimung:
Die Vorleimung solltest Du zeitlich planen. Den Hasenleim quillt man in kaltem Wasser über Nacht vor, und er sollte dann möglichst am nächsten Tag verarbeitet werden.
50 Gramm Hasenleim in 1000 ml Wasser in einrühren. Wenn Du einen Simmertopf hast, kannst Du den Hasenleim direkt darin ansetzen.

Nach 24 Stunden ist der Hasenleim ausreichend aufgequollen, dann kommt er ins Wasserbad und wird vorsichtig erwärmt (nicht kochen!), bis er flüssig ist. Hast Du einen Simmertopf, einfach auf die Herdplatte stellen und bei mittlerer Temperatur erhitzen.
Wenn der Leim flüssig ist, muss er wieder abkühlen bis er geliert. Zumindest gehe ich nach diesem System vor. Man kann ihn zwar auch warm auf die Leinwand pinseln, aber ich spachtele ihn lieber als Gelee auf. Dann schlägt er nicht so durch die Leinwand durch. Am besten schaust Du im Video, wie ich das mache.
Wenn Du deine Leimlösung mit Alaun versetzen willst, musst Du die Alaunkristalle ebenfalls in Wasser über Nacht auflösen. Das Alaun verringert die Wasserempfindlichkeit der Leimgrundierung.
Die Mischungsverhältnisse sehen dann so aus: Du nimmst von den 1000 ml Wasser 250 ml ab und löst darin 5 Gramm Alaun auf – einfach einstreuen und ebenfalls über Nacht stehen lassen. Am nächsten Tag sollten die Kristalle gelöst sein. Wenn Du die Leimlösung verflüssigt hast, kannst Du langsam die Alaunlösung zugeben und einrühren. Danach gelieren lassen und weiter verfahren wie oben beschrieben.

Wie geht es nach der Vorleimung weiter?
Nachdem die Vorleimung aufgetragen ist, die Leinwand einfach trocknen lassen, am besten wieder über Nacht. Schon beim Aufspachteln der Leimgallerte solltest Du merken, wie sich die Leinwand auf dem Keilrahmen spannt. Das ist das Praktische an der Leimgrundierung – man muss nicht mühselig die Leinwand spannen …
Die Grundiermasse (Video 2)
Wenn die Vorleimung gut getrocknet ist, kann man mit der eigentlichen Grundierung weitermachen. Die Leinwand sollte jetzt straff gespannt sein wie eine Trommel. Ich leime meistens mehrere Leinwände vor und grundiere dann am nächsten Tag.
Für die Grundiermasse braucht man ebenfalls Hasenleim. Entweder setzt Du also für die Vorleimung eine ausreichende Menge an, mit der Du am nächsten Tag weiterarbeiten kannst, oder Du setzt nochmal eine neue Portion an. Du kannst im Übrigen auch eine so vorgeleimte Leinwand mit einem handelsüblichen Gesso grundieren – das spart natürlich etwas Zeit.
Es ist ein bisschen schwierig, genaue Angaben zum Verbrauch zu machen, da es auch vom Gewebe etc. abhängt. Ich würde sagen, 40 g Hasenleim reichen, um zwei Leinwände 50×70 cm vorzuleimen und weitere 40 g für die Grundiermasse. Lieber etwas mehr als zu knapp kalkulieren, denn man kann ja nicht eben mal den Hasenleim auf die Schnelle aufquellen. 😉
Für die Grundierung mit der Grundiermasse brauchst Du:
- Wie oben: Hasenleim, Simmertopf, Küchenwaage, Behältnisse zum Anmischen der Pigmente (z.B. eine alte Teigrührschüssel eignet sich hier prima oder sonstige Plastikschüsseln, die auch als Messbecher fungieren können), alte Rührlöffel, Lappen, Handschuhe etc.
- Flachpinsel, am besten ein breiter für die Fläche und ein schmaler für die Ränder (Farbroller gehen natürlich auch, aber ich mag das Streichen mit dem Pinsel lieber)
- Champagner- oder Bologneser Kreide (gibt es günstig im Kilobeutel bei den bereits erwähnten Fachhändlern)
- Lithopone (das ist einfaches und günstiges Weißpigment)
- Titandioxid-Pigment
- Wasser

So geht’s:
Wie Du den Hasenleim vorbereitest, weißt Du schon. Wenn Du den Rest des erkalteten Hasenleims der Vorleimung verwendest, muss er wieder im Wasserbad verflüssigt werden. Wenn Du frischen Leim angesetzt hast, löse ihn ebenfalls im Wasserbad auf, aber er muss dann nicht mehr erkalten, sondern wird im flüssigen Zustand mit den Pigmenten vermischt. Ich mache es meistens so, dass ich den Simmertopf auf den Herd stelle und während der Leim flüssig wird, bereite ich die Kreide-Pigmentmischung vor.

Für die Kreide-Pigmentmischung wird 1 Teil Kreide mit 1 Teil Weißpigment vermischt. Der Anteil Weißpigment kann ein Mix aus Lithopone und Titanweiß sein. Wenn Du nur Titanweiß nimmst, reicht 3/4 Teil Pigment. Kreide und Pigmente gut miteinander vermengen, dann nach und nach Wasser zugeben, einsumpfen und zu einer schönen sahnigen glatten Creme rühren. Klümpchen glattrühren oder die Masse durch durch ein altes Küchensieb streichen. Bei größeren Mengen ist es sicher sinnvoll, mit einem Mixer oder einem Bohrmaschinenaufsatz zu arbeiten.

Das ist die Grundiercreme, die Du mit dem wieder aufgelösten Leim verrührst. Dabei werden 2 Teile Grundiercreme mit 1 Teil Hasenleimlösung vermischt. Am besten gießt Du die Leimlösung langsam zu der Masse in die Schüssel, wie es eben am besten klappt. Wieder schön glattrühren – es sollte jetzt in etwa wie eine normale weiße Wandfarbe aussehen.

Deine Grundiercreme ist fertig zum Aufstreichen auf die vorgeleimte Leinwand. Das Aufstreichen erfolgt am besten in mehreren dünnen Lagen nacheinander. Immer schön im Wechsel horizontal und vertikal. Zwischendurch trocknen lassen. Fertig!
Ich hoffe, diese Anleitung hat Dir geholfen – die Rezepte für die Kreidegrundierung stammen alle aus dem Buch „Werkstoffe und Techniken der Malerei“ von Kurt Wehlte (gibt es leider nur noch antiquarisch – ein wahrer Wissensschatz für alle Maler). Schreib‘ mir gerne wenn Du noch Fragen hast!

#Maltechnik #Grundierung #Kreidegrundierung #Hasenleim #Leinwand