Brauchen Künstler Planung? Wie ich mein Jahr strukturiere.
Künstler sein und Planung machen – ist das kein Widerspruch!? Stehen wir nicht alle erst um 10 Uhr auf und hoffen freudig, dass Musenmann oder Musenfrau uns küsst? Tja, bei Einigen ist das sicher so. Ich persönlich finde Planung sehr hilfreich. Ich freue mich, wenn ich Ende Dezember wieder einen frischen Kalender und ein Tagebuch in der Hand habe und loslegen kann. Ich mache allerdings keine Detailplanung, das ist mir zu unflexibel. Im Alltagsleben ändert sich ohnehin ständig etwas. Deshalb entwickele ich meine Planung im Lauf des Jahres immer weiter – „on the fly“ sozusagen.
Warum Planung für mich Sinn macht?
Planung ist Auseinandersetzung mit zur Verfügung stehender Zeit. Und sich bewusst werden, wie kostbar Zeit ist. Es geht mir bei der Planung nicht darum, dass ich jeden Monat ein festgelegtes Programm mit einer ToDo-Liste habe, die ich brav abarbeite und dann am Ende des Jahres befriedigt ins Bett falle (oder in den Burnout). Ich mache mir mit der Planung meine Zeit bewusst.
Ich habe viele Ideen, die ich umsetzen will, aber ich weiß auch, dass ich nie alle umsetzen kann. Denn eine Entscheidung für eine bestimmte Sache heißt auch, das ich eine andere Sache nicht (mehr) machen kann. Und ich habe gemerkt, dass ich die Angewohnheit habe, mir eine Liste spannender Dinge aufzuschreiben, ohne darüber nachzudenken, was das wirklich an Zeitaufwand bedeutet.
Es hilft, wenn man sich überhaupt einmal klar macht, wie viel Zeit man wirklich zur Verfügung hat. Innerhalb einer Woche arbeite ich zum Beispiel durchschnittlich 40 Stunden, davon kann ich etwa 20 Stunden Zeit für kreative Produktion ansetzen (Kunst machen, Bücher schreiben). Jeweils 6 Stunden entfallen auf Marketing beziehungsweise auf Büro/Management/Archivierung. Bleiben also noch 8 Stunden, die ich als „Motivation, Inspiration, Lernen“ einordne und die außerdem eine Art Zeitpuffer sind. Wenn meine Planung mal wieder nicht so funktioniert wie gedacht …
Tja, und jetzt muss ich mir also überlegen, was genau ich in den 80 Stunden Kreativzeit in einem Monat „realistisch“ (realistisch!!) umsetzen kann. Da werden aus 8 Wunschprojekten ganz schnell zwei … Am liebsten würde ich in einem Jahr 5 Bücher machen und 50 Kunstwerke, aber das ist nun mal als Solo-Entrepreneurin, wie man das heute so lustig nennt, sehr unrealistisch.
Papier oder PC – was ist für mich effektiver?
Einige Jahre lang habe ich mir Tabellen mit Einteilungen in Monate und Quartale in Evernote gemacht, aber inzwischen bin ich wieder bei Papier gelandet. Die digitalen Varianten haben für mich den Nachteil, dass ich nicht regelmäßig genug damit konfrontiert bin. Da liegt die liebevoll ausgearbeitete Planung dann als Karteileiche auf dem PC herum und wird nicht mehr angeschaut. Es sei denn, man legt das ganz perfekt mit Zieldaten und automatische Erinnerungen an. Was ja viele Menschen tun, und ich bewundere das. Aber das ist mir zu zeitaufwändig und es funktioniert auch nicht mit meinem Arbeitsstil. Deshalb ist jetzt dieser simple A5-Ringordner meine „Business-Zentrale“:
Meine analogen Planungstools – ich habe 4!
Nummer 1 – der Ordner: Liegt immer griffbereit auf meinem Schreibtisch – deshalb A5, das ist handlicher. Er enthält nicht nur meine Zeitplanung fürs Grobe, sondern auch To-Do-Listen, aktuelle Marketingaufgaben und die wichtigsten Kunst- und Buchideen. Und einige leere Blätter. Für jedes Quartal und für jeden Monat gibt es ein Blatt – na, wieviel macht das? 16, genau! Jedes Blatt ist in meine Hauptarbeitsbereiche aufgeteilt. Also eine sehr simple Struktur, aber übersichtlich. Jetzt im Januar ist er noch sehr leer, aber die Ideen kommen schneller als der Wind …
Nummer 2 – das Tagebuch: Dort kommt rein, was in der Woche so war und was ich für die nächste Woche vorhabe. Hinter den Seiten für die Kalenderwochen fängt dann der klassische Tagebuchbereich an. Sonntag abends mache ich immer die Planung für die kommende Woche und rekapituliere die vergangene inklusive Tracking meiner Arbeitsstunden. Ehm, die mache ich übrigens mit >> Clockify, a bisserl App muss sein.
Nummer 3 – der Tagesplaner: Mein Golden Oldie – manche nennen ihn auch „das Brain“ … Den habe ich schon seit zwanzig Jahren, und früher war er mein einziges Planungsinstrument. Ein ganz gewöhnlicher Tagesplaner für alle großen und kleinen Arbeits-ToDos, inklusive Wäsche waschen, Einkaufen, Keller aufräumen, Steuer zahlen, Leute anrufen, Arzttermine, Geburtstage und so weiter.
Nummer 4 – mein LifeSaver, die Punktekärtchen: Bis vor einigen Jahren hatte ich wie gesagt nur den Tagesplaner – aber morgens schaute ich darin auf meine (sehr unordentliche) Liste von 20 oder 30 ToDos, die sich angesammelt hatten und konnte mich weder entscheiden, was ich zuerst machen sollte, noch erkennen, was wirklich wichtig war. So lähmt man jede Produktivität!
Dann fand ich – nach allen möglichen Versuchen mit analogen und digitalen ToDo-Listen – per Zufall diese Website: >> Today System Scoresheet (englisch) und war endlich gerettet! Der Erfinder nutzt für seine Planungstechnik unsere Leidenschaft fürs Gaming aus, fürs Punktesammeln. Auf einer Karteikarte listest Du die wichtigsten ToDos des Tages nummeriert auf, z. B. von 1-5. Jedes ToDo bekommt dann umgekehrt eine Punktzahl – also die Nummer 1 bekommt 5 Punkte, die Nummer 2 bekommt 4 Punkte und so weiter. Auf dem Bild verstehst Du glaube ich sofort, wie es gemeint ist. Man kann das auch noch in Exceltabellen überführen und sich irgendwelche Scores ausrechnen, aber das ging mir dann doch zu weit. Das sind sie:
Lohnt sich das denn??
Der Vorteil davon ist der Zwang zur Priorisierung, den diese Planungsmethode bringt. Oft fällt es mir (und Dir vielleicht auch) schwer, aus den X ToDos, die man so auf dem Zettel hat, die wirklich wichtigen zu selektieren. Dabei helfen die Kärtchen. Außerdem ist es super befriedigend, abends auf dem Sofa zu sitzen, sich Punkte für erledigte Dinge zu geben und festzustellen, dass man Alles geschafft hat (oder fast alles). Yeah, heute wieder 10 von 10!
OK, zugegeben, das klingt jetzt nach einer Menge Papierkram, und ich fürchte auch irgendwie unübersichtlich oder übertrieben. Ist es vielleicht auch. Vor allem, wo ich doch am Anfang so viel von der Kostbarkeit der Zeit gesprochen habe. 😉 Nur – für mich funktioniert es so am besten. Der Zeitaufwand pro Tag ist vielleicht 10 Minuten, und das ist es mir wert, denn es hilft mir, meinen Fokus und meine Ziele im Blick zu behalten.
Solltest Du eine Planung machen?
Ehm – keine Ahnung! Ich kenne ja Deine Situation nicht. Vielleicht bist Du im Gegensatz zu mir komplett fremdbestimmt und von äußeren Vorgaben durchgetaktet und hast gar keinen Freiraum zum Planen. Vielleicht hast Du auch nicht das Bedürfnis, längerfristige Ziele zu erreichen, sondern willst mehr von Tag zu Tag leben. Du bist vielleicht einfach froh, dass jemand anderes dir die Planung abnimmt. Es muss nicht jeder Mensch Pläne und Ziele haben.
Nur, wenn Du dich selbst organisieren willst oder musst oder möchtest, dann ist Planung echt hilfreich. Sie hilft beim Erfassen eigener Ziele, bei der Priorisierung, sie sollte aber keine Zwangsjacke sein. Wie auch immer sie für Dich am besten funktioniert. Außerdem macht es Spaß, also jedenfalls wenn man nicht in der letzten Minute damit anfängt und meint, man müsse jetzt in zwei Stunden einen kompletten Jahresplan aufstellen. Ob digital oder analog, ist egal. Deine Planungstechnik muss ja nur für Dich funktionieren. Und immer dran denken:
Planung ist Auseinandersetzung mit der zur Verfügung stehenden Zeit.
Viel Erfolg!
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