Lyonel Feininger in der Schirn Frankfurt
Anfang Februar ’24, Bahnstreiks waren gerade nicht, die Strecken frei und und das Wetter wirkte einigermaßen stabil, habe ich mich nach Frankfurt aufgemacht, zur Feininger Retrospektive. In Frankfurt waren die Temperaturen mehr als frisch und auf den Fußgängerbrücken über den Main herrschte ein steifer Wind. Ich freute mich also auf das gut beheizte Museum …
Feininger, ich komme!
Aber da war eine ganz schöne Schlange! Nach geschätzt einer Stunde Kältetherapie flutschte ich endlich ins Innere, von einem freundlichen Herren durchgezählt. Ich kann nur bewundern, wie er wohl den ganzen Tag dort so wacker den Einlass organisiert hat ohne die Nerven zu verlieren. Drinnen folgte das Warten an der nächsten Schlange, der Garderobe. Offensichtlich hatte man bei der Schirn nicht damit gerechnet, dass so viele Menschen diese Ausstellung sehen wollten … 😉
Auch in den Ausstellungsräumen war es entsprechend voll, und zum Betrachten der Bilder empfahl sich eine daran angepasste Schlängelbewegung – einfach immer dahin gehen, wo es gerade frei ist oder wird. Aber ich gehe ohnehin selten ganz systematisch durch Ausstellungen, damit kann ich gut leben.
Feiningers Bilder – mehr als nur Gelmeroda
Feininger ist natürlich ein Blockbuster, wenn auch meinem Eindruck nach mehr für die ältere Generation. Das ist schade, denn es gab richtig frische Bildideen und Arbeitsweisen in der Ausstellung zu entdecken, die ich persönlich interessanter fand als seine hunderttausendfach reproduzierten Klassiker. Natürlich sind diese prismatisch-meditativen typischen „Feiningers“ toll, und es war eine Riesenfreude, sie einmal aus der Nähe zu betrachten und sich etwas genauer mit der Maltechnik zu beschäftigen. Sie zeichnen jedoch ein einseitiges Bild, das glaube ich ein bisschen zu sehr vergeistigt ist.
In wie vielen Ebenen und Techniken Feininger außerdem kreativ unterwegs war, ist nicht so bekannt. Auf den Fotos unten sieht man einen kleinen Teil davon – ich entschuldige mich für den wenig professionellen Aufnahmestil. Leider gab es von den vielen Comics (ja, Comics!), die er für US-amerikanische Zeitungen gemacht hat, die „Kinder Kids“, nur ein einziges Blatt zu sehen. Du interessiert dich dafür? Dann schau mal hier: Comics von Lyonel Feininger. Es gibt sie übrigens auch als Buch im Reprint.
Feininger hat ebenso mit Fotografie gearbeitet, Radierungen und Holzschnitte gemacht, mit Glasscherben an Überlagerungen experimentiert und sogar kleine Spielzeugskulpturen geschnitzt (Beitragsbild ganz oben). Mich hat besonders die Zusammenstellung von Thumbnail-Entwürfen begeistert, hier das vorletzte Bild in der Galerie. Da ist so viel Lebendigkeit, Power und Ideenreichtum in diesen winzigen Zeichnungen.
Schnappschüsse aus der Ausstellung
Mich hat die Ausstellung sehr inspiriert. Sie hat mich wieder einmal darin bestätigt, dass es ein Fehler ist, Künstler in stilistische Schubladen festzutackern und dass man meistens viel mehr entdecken kann, als man oberflächlich annimmt. Feininger, 1871 in New York geboren, ist natürlich auch mit seiner persönlichen Historie eine ungewöhnliche Figur. Er kam als junger Student (ursprünglich für Musik) aus den USA nach Deutschland, war zeitenweise sogar staatenlos, und nach seiner Re-Emigration in die USA 1937 dauerte es einige Jahre, bis er dort neue Anerkennung fand. Dieses Leben zwischen den Stühlen spiegelt sich allerdings in den Werken nicht so offensichtlich wider.
Bauhaus-Boys
Das nach wie vor moderne Layout mit der innovativen Typo dieser Titelseite des Bauhaus-Magazins von 1928 steht für mich in einem sonderbaren Kontrast zu den wie „Mug Shots“ wirkenden Porträts der Professoren (Feininger ganz oben Mitte). Die einzige Frau: Gunta Stölzel – ja, schade, Jungs!
Kein Trip nach Frankfurt ohne …
… eine Einkehr ins Café im Liebighaus. Und Einkehr ist hier ganz wörtlich zu nehmen. Dieses Café ist eine >> kleine Oase der Kontemplation und tut einfach nur gut. Kunst kommt doch von Kuchen, oder?
Also – unbedingt vorbeischauen!
Und hier noch der Link zur Schirn: www.schirn.de. Die Ausstellung ist/ war vom 27. Oktober 2023 bis 18. Februar 2024, geöffnet (außer Montags) 10-19 Uhr.
#Ausstellung #Retrospektive #Lyonel Feininger #Frankfurt #Schirn #Museum